Krawalle am Osterwochenende: Warum die Polizei in Schweden die Koran-Verbrennungen verteidigte

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Krawalle am OsterwochenendeWarum die Polizei in Schweden die Koran-Verbrennungen verteidigte

Ein Rechtsextremist fährt durch Schweden und verbrennt den Koran. Viele sind empört – und äußern dies teilweise mit Gewalt. Eine Welle von Krawallen hält über Ostern mehrere schwedische Städte in Atem.

In Zusammenhang mit der Genehmigung rechter Kundgebungen ist es am Osterwochenende zu Krawallen in Schweden gekommen. In der Stadt Norrköping im Süden des Landes feuerte die Polizei nach eigenen Angaben Warnschüsse ab. 

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Erst brennt der Koran, dann brennen etliche Autos und Mülltonnen und es fliegen Steine. Von österlicher Ruhe ist nichts zu spüren: In Schweden ist es am Osterwochenende in mehreren Städten zu heftigen Ausschreitungen gekommen.

In Malmö, Norrköping, Linköping und Stockholm zündeten Randalierer einen Bus, mehrere andere Fahrzeuge und sogar eine Schule an, wie der schwedische Sender SVT berichtete. Polizisten wurden mit Steinen und Molotowcocktails beworfen und teilweise gezielt eingekesselt. Ein Überblick zum Chaos-Osterwochenende.

Was war der Auslöser der Krawalle?

Hintergrund der Proteste waren Versammlungen der islam- und einwanderungsfeindlichen Partei Stram Kurs (Strammer Kurs) des Politikers und Rechtsanwalts Rasmus Paludan. Dieser zieht derzeit durch schwedische Städte und hält dort Versammlungen ab, bei denen immer jeweils ein Koran verbrannt werden soll. Dabei kam es in den vergangenen Tagen schon mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Gegendemonstranten und der Polizei.

Waren Paludans Kundgebungen erlaubt?

Die Polizei genehmigte die Kundgebungen und mehrere weitere Veranstaltungen Paludans. Das löste wiederum heftige Kritik und Gegendemonstrationen aus. Einige der geplanten Koran-Verbrennungen fanden letztlich doch nicht statt oder wurden verlegt, nachdem bereits am Gründonnerstag und Karfreitag mehrere Polizeiautos brannten.

Wie lange dauerten die Krawalle an?

In Malmö stand in der Nacht zum Ostersonntag dann ein Bus in Flammen, nachdem jemand ein brennendes Objekt auf das Fahrzeug geworfen hatte. In der folgenden Nacht zündeten Randalierer eine Schule, Autoreifen und Mülltonnen an.

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In Schweden ist es nach einer Versammlung der ultrarechten Gruppierung Stram Kurs erneut zu Ausschreitungen von Gegendemonstranten gekommen.

In Schweden ist es nach einer Versammlung der ultrarechten Gruppierung Stram Kurs erneut zu Ausschreitungen von Gegendemonstranten gekommen.

via REUTERS
In Malmö kam es am 16. April 2022 in verschiedenen Stadtteilen zu Protesten, bei denen Randalierer auch die Polizei mit Steinen bewarfen.

In Malmö kam es am 16. April 2022 in verschiedenen Stadtteilen zu Protesten, bei denen Randalierer auch die Polizei mit Steinen bewarfen.

AFP
In Norrköping gingen am 17. April 150 Demonstranten gegen Stram Kurs auf die Straße. Die Polizei nahm vier Demonstranten fest.

In Norrköping gingen am 17. April 150 Demonstranten gegen Stram Kurs auf die Straße. Die Polizei nahm vier Demonstranten fest.

AFP

Wie reagierte die Polizei?

Im südschwedischen Norrköping verteidigte sich die Polizei nach eigenen Angaben mit Schüssen. Drei Menschen wurden verletzt. Insgesamt sind nach Angaben der schwedischen Polizei bis zum Ostermontag 26 Polizisten und 14 andere Beteiligte verletzt worden. 200 gewalttätige Randalierer seien beteiligt gewesen, hieß es.

Die Krawalle seien Verbrechen gegen die Gesellschaft, sagte der schwedische Polizeichef Anders Thornberg am Ostermontag bei einer Pressekonferenz. Es gebe Anzeichen, dass kriminelle Gangs an den Ausschreitungen beteiligt gewesen seien und die Situation ausgenutzt hätten.

Außerdem gebe es Hinweise darauf, dass aus dem Ausland zu Gewalt angestachelt worden sei. Trotzdem blieb zunächst noch unklar, wie und weshalb die Lage so eskalierte. Die Ermittlungen sollten weitergehen, auch weitere Festnahmen könnten folgen. Bis Ostermontag nahm die Polizei bereits 40 Menschen fest, nach Angaben der Behörden vor allem jüngere Leute.

Wie reagierte die Politik zu den Ausschreitungen?

Auch der schwedische Justizminister Morgan Johansson verurteilte die Krawalle. Er betonte am Montag, die Gewalttäter müssten bestraft werden. In Schweden gelte Meinungsfreiheit. Wer dies nicht akzeptiere, sondern gewalttätig werde, müsse sich auch darauf einstellen, Gewalt zu begegnen, sagte der sozialdemokratische Politiker. Er habe weiterhin volles Vertrauen in die Polizei. Es müsse nun geprüft werden, wo und wie die Einsatzkräfte verstärkt werden müssten.

Was waren die Reaktionen im Ausland?

Die rechten Kundgebungen und ihre Folgen sorgten auch weit über Schweden hinaus für Aufsehen: «Diese Angelegenheit hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Schweden und Muslimen», warnte das Außenministerium im Irak am Wochenende. Das gelte für arabische Staaten und europäische Länder mit muslimischen Gesellschaften gleichermaßen. Der Irak forderte die Regierung in Stockholm dazu auf, Handlungen zu unterlassen, die die Gesellschaft spalten oder religiöse Gefühle verletzen könnten.

Auch der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr appellierte an Schwedens Regierung, sich gegen Angriffe wie Paludans Koran-Verbrennung zu stellen, um Frieden zu wahren. Die Strömung des Geistlichen gewann im vergangenen Herbst die Parlamentswahl im Irak.

(DPA/kle)

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