Amputierte Zehen – Was haben Friseure mit verletzten Tauben zu tun?

Publiziert

Amputierte ZehenWas haben Friseure mit verletzten Tauben zu tun?

Selten schenken Menschen Tauben so viel Aufmerksamkeit wie französische Forscher. Die haben nun Dramatisches festgestellt.

Viele Menschen bezeichnen Tauben abfällig als Ratten der Lüfte und sehen zu, dass diese ihnen nicht zu nahe kommen. Ganz anders Forscher um Frédéric Jiguet vom Pariser Muséum national d'histoire naturelle und der Universität Lyon. Sie schauten den Vögeln erst auf die Füße, dann ins Nest.

Grund für diese ungewöhnliche Annäherung ist die Beobachtung, dass viele Tauben deformierte Füssen haben. Oft sind die Zehen nicht vollständig entwickelt oder fehlen sogar ganz, wie das Team im Fachjournal «Biological Conversation» schreibt. Jiguet und seine Kollegen wollten wissen, warum das so ist.

Abgeschnürt und abgestorben

Dafür beobachteten sie an 46 Orten in Paris verschiedene Taubenpopulationen und kamen zu einem erstaunlichen Zusammenhang: Je mehr Friseure es in einem Quartier gab, desto mehr Verletzungen stellten die Wissenschaftler bei ihren tierischen Probanden fest.

Die Forscher sehen darin einen weiteren Hinweis darauf, dass menschliche Haare den Vögeln das Leben schwer machen. Schon früher war von anderen Experten der Verdacht geäußert worden, dass die Tauben Haare von der Straße und aus den Abfalleimern klauben und zum Nestbau verwenden – und sich dann darin verheddern.

«Einer Aderpresse gleich schnüren sie den Tauben die Zehen ab», so Jiguet zu Lematin.ch. Mit Blut unterversorgt fielen die dann ab. Der englische Fachausdruck für derartige Amputationen lautet «stringfoot».

«Sie sind Opfer»

Das Team um Jiguet fand allerdings noch weitere Zusammenhänge. So war die Zahl der deformierten Vogelfüsse auch in jenen Gegenden höher, in denen es laut und die Luft schlecht ist. Entsprechend folgern die Forscher, dass der Mensch für die Deformationen verantwortlich ist. Schließlich gehen Haare, Lärm und Dreck auf seine Kosten.

«Die Tauben werden durch unsere Umweltsünden verstümmelt», sagt Jiguet. Genetische Mutationen als Grund für die Fehlbildungen könnten ausgeschlossen werden. Denn Jungtiere seien von den Verstümmelungen noch nicht betroffen. «Die Vögel sind eindeutig Opfer.»

(L'essentiel/fee)

Deine Meinung