Q&A – Was hinter dem Google-Absturz steckt

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Q&AWas hinter dem Google-Absturz steckt

Quartalszahlen vorzeitig veröffentlicht, Totalabsturz der Google-Aktie: Wer ist schuld? Für Google hält sich der Schaden in Grenzen.

Google-Chef Larry Page musste sich gestern an einer Telefonkonferenz für den Patzer entschudligen.

Google-Chef Larry Page musste sich gestern an einer Telefonkonferenz für den Patzer entschudligen.

Keystone

Ein ungewöhnliches Bild am Donnerstagabend: Die bisher solide Google-Aktie rauschte innert weniger Sekunden um zehn Prozent in die Tiefe. Aus Versehen wurde der Quartalsbericht des führenden Suchmaschinenbetreibers rund vier Stunden zu früh veröffentlicht. Geplant war die Veröffentlichung nach Börsenschluss in den USA. Den Anlegern gefielen die Zahlen ganz und gar nicht; sie verkauften die Google-Titel panikartig. Die Aktie wurde vom Handel ausgesetzt.

Wie konnte es zu diesem Missgeschick kommen?
Es handelt sich vermutlich um menschliches Versagen. So äußerte sich jedenfalls Tom Quinlan, Chef des Dienstleisters R.R. Donnelley. Die Firma wurde von Google mit dem Druck bzw. der Publikation des Quartalsberichts betraut.

Was lief genau schief?
«Wie unsere Druckerei gesagt hat, haben sie den 'Senden'-Knopf an der Veröffentlichung einfach ein bisschen zu früh gedrückt», sagte Google-Chef Larry Page an der Telefonkonferenz. Die Daten wurden nicht nur zu früh; sondern auch bloß an eine Teilöffentlichkeit gesandt. Konkret tauchten die Google-Daten auf der Homepage der US-Börsenaufsicht SEC auf, die von den Computern unmittelbar gelesen und fließen direkt in den Handel ein.

Welchen Einfluss hat der Fehler auf den Aktienkurs von Google?
Die Aktie ist vor allem wegen den enttäuschenden Zahlen eingebrochen. Kurzfristig, unmittelbar nach Bekanntwerden der Zahlen, war der Schock wegen des Überraschungseffektes erheblich. Innert Kürze wurde ein Börsenwert von 20 Milliarden Dollar vernichtet. Gegen Handelsschluss erholte sich die Aktie etwas und schloss an der Nasdaq noch acht Prozent tiefer. Im heutigen europäischen Handel lag die Aktie noch rund sechs Prozent im Minus. Auf längere Sicht dürfte der Einfluss der frühzeitigen Publikation aber zu vernachlässigen sein.

Hat Google durch die vorzeitige Publikation nun ein Imageproblem?
Der Reputationsschaden ist kurzfristig gesehen erheblich. Michael Robinson, Vorstand von Levick Strategic Communications sprach nach der Panne von einem «monumentalen Fehler epischen Ausmaßes». Die ohnehin schlechten Nachrichten seien auf dem denkbar schlechtesten Wege kommuniziert worden. Auf längere Sicht ist aber für Google entscheidender, dass keine größeren Datenschutzprobleme mit seinen Nutzern auftreten.

Haben Google oder der Dienstleister Schadenersatzforderungen von Anlegern zu befürchten?
Zwar ist ein Reputationsschaden entstanden. Dieser lässt sich aber kaum finanziell beziffern. Bei der Haftungsklage ist der Nachweis eines bezifferbaren Schadens entscheidend. Der Kursrutsch ist in erster Linie auf die enttäuschenden Zahlen zurückzuführen. Zudem befindet sich die Aktie wieder auf einem Erholungskurs.

Was sagen Börsianer zum Google-Missgeschick und den Folgen?
Burhan Fazlija, Aktienhändler der Bank Rahn & Bodmer Co., rechnet nicht mit einer Klage von Aktionären; «Zweifellos ist ein solches Ereignis wie auch der nachfolgende Handelsstopp unschön. Doch auch nachbörslich hätten die enttäuschenden Geschäftszahlen einen negativen Effekt gehabt», sagt der Spezialist.

Was wird Google gegen den Dienstleister R.R. Donnelley unternehmen?
Wahrscheinlich wird Google eine Entschädigung von R.R. Donnelley verlangen. Diese dürfte aber laut Fazlija außergerichtlich geschehen. Google habe kein Interesse, viel Lärm zu veranstalten. Klar ist: Würde Google tatsächlich von einem Gericht zu einer Schadenersatzzahlung an «geprellte» Aktionäre verdonnert, so würde sie den Schaden an den Dienstleister RR Donnelley weiterverrechnen.

Welches Potenzial hat die Google-Aktie?
Das Businessmodell und der Trend sprechen weiter für den US-Konzern. Allerdings ist die Aktie innert Jahresfrist sehr gut gelaufen. Google ist mit einem Börsenwert von 183 Milliarden Franken stattlich bewertet.

(L'essentiel Online/hpa)

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