Sommerzeit: Was macht die Zeitumstellung mit Körper und Psyche?

Publiziert

SommerzeitWas macht die Zeitumstellung mit Körper und Psyche?

Am Wochenende ist es wieder so weit: die Uhr wird um eine Stunde vorgestellt und die Tage bleiben wieder länger hell. L'essentiel hat bei der DGSM nachgefragt, warum sich viele Menschen mit der Zeitumstellung schwer tun.

Nora Riedel
von
Nora Riedel
Die «verlorene» Stunde spüren viele erst in der Nacht von Sonntag auf Montag.

Die «verlorene» Stunde spüren viele erst in der Nacht von Sonntag auf Montag.

pixabay.com

In der Nacht von Samstag auf Sonntag heißt es wieder Uhren umstellen. Wir müssen also am Wochenende auf eine ganze Stunde verzichten, die wir dann erst im Oktober wieder zurück bekommen. Während die einen bereits am Montag verkraftet haben, dass ihnen eine Stunde «geklaut» wurde, leiden viele Personen über Tage oder Wochen unter der Zeitumstellung.

Die deutsche Krankenkasse DAK hat Ende 2022 eine Studie veröffentlicht, wonach 32 Prozent der Deutschen unter körperlichen oder psychischen Beschwerden leiden, wenn die Zeit wieder umgestellt wird. Zu den Beschwerden zählen vor allem Schlappheit und Müdigkeit (81 Prozent), gefolgt von Schlafstörungen (69 Prozent), Konzentrationsproblemen (41 Prozent), und Gereiztheit (41 Prozent).

DGSM-Schafforscherinnen klären auf

«In Schlaflaboren und Schlafsprechstunden berichten Patienten durchaus darüber, insbesondere wenn es ausgeprägte Früh- oder Spättypen sind», erklärt Dr. Andrea Rodenbeck, Sprecherin der AG Chronobiologie der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM). Es sei jedoch so, dass die Beschwerden, wie bei einem Jetlag, meist nur wenige Tage andauern, «bei Menschen mit deutlichen Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen – also einem verschobenen Rhythmus – können die Beschwerden länger andauern».

Prof. PD. Dr. Kneginja Richter, Privatdozentin an der TH Nürnberg und ebenfalls Sprecherin der AG Chronobiologie, ergänzt, dass allen voran Schichtarbeitende und Personen des Schlaftyps «Eule» betroffen sind. Personen des Schlaftyps «Lerche» nehmen hingegen die Zeitumstellung im Herbst schlimmer wahr. In der Regel sind Frauen vulnerabler als Männer, «da sie biologisch bedingt in bestimmten Lebensabschnitten einen ‹sensibleren› Schlaf haben».

Neben dem künstlichen Jetlag und der verlorenen Stunde, die meist erst in der zweiten Nacht spürbar ist, ist es der verschobene Tagesrhythmus, der vielen Menschen zu schaffen macht. «Im März kann die morgendliche Dunkelheit die sogenannte Frühjahrsmüdigkeit verstärken, während im Herbst die frühere Dunkelheit am Abend ein Risiko für die sogenannte saisonale Depression ist», erklärt Dr. Rodenbeck.

Merksätze

Obwohl häufig angenommen wird, die Zeitumstellung beruhe darauf, Energie zu sparen, belegen Studien mittlerweile, dass die gewonnene Stunde keinen nennenswerten Effekt erbringt. Tatsächlich war der ursprüngliche Grund für die Umstellung auch wirtschaftlichen Nutzens, um die aufkommenden Eisenbahnlinien besser koordinieren zu können.

Die Schlafexpertinnen erklären, dass die Zeitumstellung in Ländern mit großer Fläche, wie Deutschland oder auch der EU als Einheit, sehr wohl sinnvoll ist. «Andernfalls würden wir zum Beispiel in Deutschland bei dauerhafter Sommerzeit im Kölner Raum im Winter erst ab 9.30 Uhr einen Sonnenaufgang haben, während es bei dauerhafter Normalzeit in Berlin im Sommer schon kurz vor 3 Uhr hell würde», merkt Dr. Rodenbeck an. Sollte man sich für eine Zeit entscheiden empfiehlt sie die Normalzeit und plädiert darauf, nicht den Begriff «Winterzeit» dafür zu verwenden.

Soll die Zeitumstellung abgeschafft werden?

Die Frage, ob die Zeitumstellung abgeschafft werden soll, kommt immer wieder zu Tage. 2019 stimmten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments dafür, dass die Uhren im März 2021 ein letztes Mal umgestellt werden. Nun zählen wir das Jahr 2023 und am kommenden Sonntag wird die Uhr trotzdem wieder umgestellt, obwohl das Ergebnis des Parlaments (410 Stimmen für die Abschaffung, 192 Gegenstimmen und 51 Enthaltungen) als auch einer 2018 durchgeführten EU-weiten Bevölkerungsbefragung (84 Prozent der Teilnehmer stimmten für die Abschaffung) eindeutig ausfiel. Luxemburg belegte bei der Studie mit 1,78 Prozent den dritten Platz der EU-Länder mit der höchsten Teilnehmerzahl (hinter Deutschland mit 3,79 Prozent der Bevölkerung und Österreich mit 2,94 Prozent. 79 Prozent der 10.700 teilnehmenden Luxemburger waren für die Zeitumstellung.

Ein möglicher Grund, warum die Debatte unter den Tisch gefallen ist, könnte die Corona-Pandemie gewesen sein, die wichtigere Punkte auf die Tagesordnung brachte.

Leidest du an der Zeitumstellung?

Deine Meinung

4 Kommentare