Einer lauscht immer mitWer hörte die «Fuck the EU»-Diplomatin ab?
Die US-Diplomatin, die sich telefonisch über die «Scheiß-EU» ausließ, entschuldigte sich umgehend bei Brüssel. Bleibt die Frage, wer Victoria Nuland bespitzelt hat.

Das Weiße Haus ist überzeugt: Die Russen haben das Gespräch zwischen US-Diplomatin Victoria Nuland und dem US-Botschafter in der Ukraine abgehört und verbreitet. «Das Video wurde zuerst von der russischen Regierung aufgegriffen, die dann darüber twitterte. Das, denke ich, sagt etwas über Russlands Rolle aus», meinte der Sprecher des Weissen Hauses. Noch eindeutiger drückte sich das US-Außenministerium aus: «Das ist ein neuer Tiefpunkt der russischen Spionagetaktik.»
Die USA berufen sich auf einen Tweet (siehe Diashow oben) des russischen Regierungsbeamten Dmitrij Loskutow. Er ist Berater des russischen Vizepremiers Dmitrij Rogosin und wies bereits am Donnerstag via Twitter auf das Youtube-Video (siehe unten «Maidan-Marionetten») hin, in dem das vertrauliche Gespräch zu hören ist. Seine Bemerkung dazu: «Ziemlich kontroverse Beurteilung der EU durch die Abteilungsleiterin im Außenministerium, Victoria Nuland.»
Auf der Pinnwand entdeckt
Loskutow selber weist jede Verantwortung von sich. Er habe ein bisschen im Internet gesurft, während sein Boss an einer Sitzung gewesen sei. Dabei sei er auf der Pinnwand seines Social-Network-Accounts auf das Video gestoßen. Nur weil er auf dieses Video reagiert habe, werde jetzt Russland beschuldigt, beklagte sich Loskutow weiter.
Besagtes Video hatte der User Lew Nikolajewitsch Myschkin alias Re Post am 5. Februar auf Youtube hochgeladen. Darauf ist ein vertrauliches Telefongespräch zwischen Victoria Nuland, der Europa-Beauftragten von US-Aussenminister John Kerry, und Geoffrey Pyatt, dem US-Botschafter in Kiew, zu hören. Die beiden sprachen über die anhaltenden Proteste in der Ukraine. Nuland war der Meinung, dass der Einbezug der UNO bei der Lösungsfindung hilfreich sein könnte. Ihre Meinung über die EU: «Weißt du was? Fuck the EU.»
Keil zwischen USA und EU treiben?
Noch am selben Tag lud der User ein weiteres Video auf Youtube hoch. Es soll ein Gespräch zwischen der stellvertretenden EU-Außenbeauftragten Helga Schmid und Jan Tobinski, EU-Botschafter in der Ukraine, wiedergeben.
Die Frage bleibt, wer dieser Lew Nikolajewitsch Myschkin alias Re Post ist und ob er im Auftrag des russischen Geheimdienstes arbeitet. Für die USA ist der Fall klar, doch bewiesen ist nichts. Nach den Gerüchten über eine Einmischung von russischen Sondereinheiten im ukrainischen Konflikt ist der Gedanke jedoch nicht abwegig, dass der russische Geheimdienst auch Abhöraktionen durchführt und nun versucht, mit der Veröffentlichung der Gespräche einen Keil zwischen die EU und die USA zu treiben.
1. Video: «Maidan-Marionetten»
2. Video: «Wie sie die Ukraine spalten»
(L'essentiel/kmo )
Nuland stellt US-Gelder für Ukraine in Aussicht
Laut der Staatssekretärin im Außenministerium, Victoria Nuland, erwägen die USA finanzielle Hilfe für die Ukraine.Bedingung dafür seien jedoch politische und wirtschaftliche Reformen, sagte sie am Freitag in Kiew weiter.
Nuland war am Donnerstag zu Vermittlungen zwischen Regierung und Opposition in die Ukraine gereist. Wirtschaftliche Probleme sind eine der Hauptursachen für die monatelange Krise mit Massenprotesten gegen Präsident Viktor Janukowitsch. Die Opposition fordert ein internationales Hilfsprogramm, wie es einst Deutschland und andere europäische Staaten mit dem Marshallplan nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten hatten. (sda)
Merkel über Nuland: «Absolut unakzeptabel»
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die undiplomatische Äußerung der US-Europabeauftragten Victoria Nuland als «absolut unakzeptabel» scharf kritisiert. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mache einen «hervorragenden Job», sagte so Merkel weiter. Die Europäische Union werde sich «weiter mit großer Intensität bemühen, die Lage in der Ukraine zu beruhigen». (sda)