Dschihadist aus LuxemburgWer war Duarte, bevor er in den Dschihad zog?
LUXEMBURG – Steve Duarte ist in Syrien inhaftiert, wo er für den Islamischen Staat kämpfte. Ein Freund erinnert sich an den «Pollo» vor dem Dschihad.

Ein Freund von «Pollo» erinnert sich an den Steve Duarte vor dem Islam.
«Ich finde nicht gut, was er getan hat, aber wenn wir ihm die Todesstrafe ersparen können, dann unterscheidet uns das von ihnen.» Chris kannte Steve Duarte gut. Die beiden waren befreundet. Jetzt versucht Chris, der nur seinen Vornamen nennen will, zu verstehen, was mit Pollo passiert ist, der in einem syrischen Gefängnis sitzt und auf den Prozess wartet.
Als sie sich kennenlernten, versuchte Steve Duarte in Luxemburgs Rap-Szene einzusteigen. Hier erhielt er den Spitznamen «Pollo».
«Pollo war ein guter Mensch», findet Chris. »Er war nie besonders wütend, sondern aufmerksam und sensibel», sagt Chris. «Wir hatten viele Diskussionen. Er sprach oft über amerikanische Interventionen in der Welt und die Gleichgültigkeit in Luxemburg gegenüber dem, was anderswo geschah.»
Sein wunder Punkt
Chris meint, Duartes wunden Punkt zu kennen. «Er sah seinen Vater bei einem Unfall sterben, als er sechs Jahre alt war. Das hat eine tiefe Narbe hinterlassen. Vielleicht ist er auch gegangen, um zu sterben und dadurch seinem Vater nahe zu sein.»
Der andere Schlüsselmoment soll das Scheitern seines Rap-Albums im Jahr 2011 gewesen sein. «Die Musik war wichtig für ihn. Er wollte mit seiner Musik die Dinge verändern. Aber es funktionierte nicht. »
Chris hat den Kontakt abgebrochen
All diese Momente sollen Steve Duarte desillusioniert zurückgelassen haben. «Er war sehr zurückhaltend. Nach seinem Misserfolg hat er sich ein wenig aufgegeben.» Dann begann er, sich für die Religion zu interessieren und wandte sich dem Islam zu. «Er erzählte mir von seiner Bekehrung, versuchte, mir auch den Islam in den Kopf zu setzen. Ich sagte ihm, ich sei nicht interessiert», erinnert sich Chris. «Dann haben wir den Kontakt abgebrochen, vielleicht war das der Fehler.»
Steve Duarte fand dann andere Leute zum Reden, auch in Moscheen. Chris sieht die Verantwortung für die Radikalisierung nicht bei seinem Freund. «Er wurde dort manipuliert», sagt er. So sprechen Freunde. «Und wenn du einmal in einer solchen Gruppe drin bist, wenn auch nur aus einer Laune heraus, ist es schwer, wieder herauszukommen», meint Chris. Für solche Fälle gibt es seit 2017 das Zentrum gegen Radikalisierung Respect.lu.
«Wenn er noch 30 oder 40 Jahre im Gefängnis sitzt, verstehe ich das»
Jetzt wartet Steve Duarte auf seinen Prozess, der im Irak stattfinden könnte. Chris befürchtet, dass dort die Todesstrafe auf seinen Freund wartet. «Er ist von hier, er ist ein Typ aus Luxemburg, egal ob er eine doppelte Staatsbürgerschaft hat oder nicht. Aber jeder schiebt die Verantwortung zum anderen, sobald das Thema politisch sensibel ist.»
Und was ist mit der Verantwortung, die Duarte selbst für sein Handeln übernehmen muss? «Es war schwer genug für ihn, zu sagen, dass er einen Fehler gemacht hat, er denkt an seine Mutter und an seine Familie», findet Chris. «Er muss dennoch einen fairen Prozess haben. Wenn er noch 30 oder 40 Jahre im Gefängnis sitzt, verstehe ich das. Ich versetzte mich in die Lage der Menschen, die er hingerichtet hat. Aber wenn wir die Todesstrafe vermeiden, zeigt das, dass wir zivilisiert sind. Europa oder Luxemburg muss ihm helfen.» Laut Chris gibt es für Steve Duarte noch zwei Möglichkeiten: «Entweder wird er dort hingerichtet oder er kommt zurück. Jeder sollte eine zweite Chance bekommen.»
(Jérôme Wiss/L'essentiel)