Paris Hiltons Erschaffer – Wie aus einem Mädchen eine Marke wurde

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Paris Hiltons ErschafferWie aus einem Mädchen eine Marke wurde

Bis vor zwei Jahren war die Hilton aus den Schlagzeilen nicht mehr wegzudenken. Ihre Medienpräsenz hat Paris einem Mann zu verdanken: Jason Moore. Seine Strategie ist bis heute wegweisend.

Paris hier, Paris da, Paris Hilton überall. Es gab Zeiten, da verboten Medienhäuser ihren Angestellten, über sie zu berichten. Man mag sie lieben oder hassen — eines lässt sich nicht abstreiten: Das It-Girl war die Königin der Selbstdarstellung. Sie hat für immer die Art und Weise geprägt, wie wir das Leben der Prominenten wahrnehmen.

och seit zwei Jahren ist es ruhig um die Blondine geworden. Das hat auch damit zu tun, dass der wichtigste Mann an ihrer Seite, Marketing-Stratege Jason Moore, nicht mehr für sie arbeitet. Obwohl Moore mit Hilton eine Schweigevereinbarung unterschrieben hat und sich bis nicht über seine ehemalige Arbeitgeberin äussert, ist es unmöglich, ihn nicht mit Hiltons Erfolg in Zusammenhang zu bringen.

Zwei, die sich treffen

Jason Moore ist eigentlich kein Marketing-Fachmann. Er studierte Film und war in der Kunstszene tätig. Oft beschrieb er Paris Hilton als «sein Werk», und als sich das Verhältnis auflöste, gab er als Grund an: «Weil ich das Gefühl hatte, das Bild beendet zu haben.»

Es war ein Zufall, der Moore zu Paris führte: Der frisch promovierte Moore begann für das Management-Unternehmen «The Firm» zu arbeiten. Zur gleichen Zeit startete Hiltons Reality-Sendung «A Simple Life»; der Sender Fox engagierte «The Firm», um die PR zu übernehmen.

Hilton war für Moore keine «neue» Bekanntschaft: Er kannte die Blondine schon aus dem feurigen Fotoshooting mit David LaChapelle, das im Jahr 2000 in der Zeitschrift «Vanity Fair» erschienen war, sowie aus einem siebenseitigen Parodie-Interview, das sie zusammen mit ihrer Schwester Nicky Hilton dem Magazin «GQ» zwei Jahre später gegeben hatte.

Alles fing mit den Mariot-Schwestern an

Es war ausgerechnet dieses Interview, das Moore die zündende Idee für die Vermarktung seiner späteren Klientin liefern sollte. Die Hilton-Schwestern hatten sich als die fiktiven Frenchie und Dallas Mariot ausgegeben. Frenchie Mariot sagte, sie überlege sich in das Hotel Paris Marriot zu ziehen. «Ich liebe diese Liegenschaft», meint sie ironisch.

Moore erkannte das Potenzial sofort: «Nach diesem Artikel merkte ich, dass sie eigentlich eine Marke ist», sagte er später auf CNN. Bis dahin - noch lange vor ihrem anzüglichen Pornostreifen und den Festnahmen - war Paris Hilton nur für ihre Herkunft und ihr ausschweifendes Partyleben bekannt. Dass Paris Hilton im GQ-Interview den fiktiven Nachname Mariot gewählt habe und «nicht etwa Smith oder Franklin», sei der Schlüssel der Strategie gewesen. «Zu diesem Zeitpunkt merkte ich, dass sie grösser sein würde, als irgendjemand sich vorstellen konnte.»

Obwohl Moore wenig – oder fast keine – Erfahrung in Sachen Marketing hatte, machte er sich mit seinem Konzept an die Arbeit. Jahrelang tat er das, was er von seinem Vater gelernt hatte: Hart arbeiten, als Erster im Büro sein, als Letzter nach Hause gehen. Er holte sein ganzes theoretisches Wissen über Pop-Kultur hervor. Seine Überlegung war recht simpel: «Wenn ich es schaffte, Barbie zum Reden zu bringen, dann hätte ich die grösste Marke aller Zeiten. Und das wäre Paris Hilton.» In einem nächsten Schritt überlegte er, den Namen «Paris» so bekannt zu machen, dass die Leute nicht mehr zuerst an die französische Stadt denken würden, sondern an seine Klientin. «Wenn das gelingt, dann hat man eine Marke geschaffen.»

Panne Sexvideo

Eine Woche bevor die erste Ausgabe von «A Simple Life» ausgestrahlt wurde, tauchte im Internet Hiltons Schmuddelvideo auf. «A Night in Paris» zeigte Szenen aus einer Liebesnacht mit ihrem Freund Rick Salomon. Moore behauptet heute noch, nichts mit der Veröffentlichung des Videos zu tun gehabt zu haben. Doch für seine Strategie war es ideal. «Meine Theorie ist, dass Rick glaubte, sich im Marketing auszukennen.» Wie auch immer, Hilton hatte für ihre Reality-Show die nötige Aufmerksamkeit bekommen, ohne etwas dafür getan zu haben.

Den Paris-Hype konnte nach der ersten Sendung gemessen werden: 13 Millionen Menschen hatten sich ihre Sendung angesehen. «Sie lebte das ultimative Promi-Leben. Sie hatte den richtigen Namen, die richtige Haarfarbe, die richtige Grösse, den richtigen Look, die richtige Augenfarbe. Sie war das ultimative Produkt im korporativen Amerika. Einige behaupten, eine Person sei dann berühmt, wenn andere so sein wollen wie sie oder mit ihr schlafen wollen. In diesem Fall war beides gegeben.»

Die Fans sind der Schlüssel des Erfolgs

Moore machte sich nun daran, das Image seiner Mandantin zu polieren. Aus Paris sollte eine Geschäftsfrau werden. Seine erste Aufgabe war, Hiltons Ausdruck «That’s hot» («Das ist heiss») patentieren zu lassen. Das Gute an der Zusammenarbeit zwischen Manager und Blondine: «Dass sie immer zu 100 Prozent offen für Ideen war». «That’s hot» wurde im Jahr 2007 vom Patentamt angenommen. Kurz darauf klagte Hilton gegen den Postkarten-Hersteller Hallmark. Der Fall wurde letztes Jahr aussergerichtlich beigelegt.

In einem nächsten Schnitt machte sich Moore Gedanken über das Fixieren der Marke «Paris Hilton». Er analysierte die Strategien von Rockbands wie den Rolling Stones, Jimmy Buffet oder The Grateful Dead. «Diese Typen geben kein neues Material heraus. Sie verdienen ihr Geld mit Touren, Merchandising und dem ständigen Ausbau ihrer Fangemeinde.»

Der Hilton-Plan wird noch heute verwendet

Von da an waren Moore und Hilton ständig unterwegs. «Jeder Veranstaltungsort ist eine Bühne und du musst immer in der Nähe deiner Fans stehen», habe der Marketing-Stratege seiner Klientin gepredigt. An jedem Ort sollte zudem die lokale Kultur zelebriert werden. «Paris machte wunderbar mit. Sie trug Kleider von lokalen Designern und liess sich darin brav von den Paparazzi fotografieren. Die Leute waren glücklich und sie ging wieder nach Hause. Es funktionierte wie eine Maschine».

Den Erfolg liess er dokumentieren. Moore lancierte eine DVD, mit der er potenzielle Sponsoren überzeugen wollte, was die Marke wert war: Auf den Aufnahmen waren die Fanreaktionen zu sehen, wenn Paris landete. Ob in Seoul, in Tokyo, in Toronto, in Miami, in New York, in Brasilien, in Mexiko, in Sydney - überall bildeten sich Menschenschlangen. Die Sponsoren hatten keine Fragen mehr.

Das Team Moore-Hilton wurde so erfolgreich, dass bald die ersten Nachahmer auftauchten. Für Moore ist Kim Kardashian das beste Beispiel: Auch sie führt den Hilton-Plan Schritt für Schritt aus – und ist damit erfolgreich. Justin Bieber ist auch nicht weit davon entfernt. «Er macht eine grossartige Vermarktungsarbeit. Er ist auf jedem Sender zu sehen, er zeigt sich jederzeit menschlich und verführend und hat dazu noch Talent.»

Jason Moore ist jetzt Berater in einem Brand-Unternehmen. Seine Strategien prägen bis heute die Wahrnehmung von Promis. «Früher hatte man ein Talent und wurde dafür bekannt. Heute ist das nicht mehr nötig. Alles was Paris anfasste, wurde zu Gold, und das weltweit», sagt Moore. «Bevor man Toast hat, muss man Brot haben. Und Paris war das Brot.»

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