Handy-DiplomatieWie sicher ist das Telefon des US-Präsidenten?
Donald Trump gibt seine Handynummer gern an andere Staats- und Regierungschefs weiter. Doch sind die Gespräche des US-Präsidenten eigentlich abhörsicher?

US-Präsident Donald Trump hat seine Handynummer an mehrere Staats- und Regierungschefs weitergebeben und sie gebeten, ihn darauf auch anzurufen. Das verstösst nicht nur gegen diplomatisches Protokoll, Trump macht sich damit auch zum Ziel möglicher Abhöraktionen feindlicher – aber auch verbündeter – Staaten, wie mehrere Sicherheitsexperten warnen. Zudem stellt sich die Frage, ob solche Handygespräche auch dokumentiert werden, wie es das US-Gesetz eigentlich vorschreibt.
Seit seinem Amtsantritt hat sich Trump damit schwergetan, sich innerhalb der engen Schranken des diplomatischen Protokolls zu bewegen – sah er sich doch selbst immer als schnellen und oft impulsiven Entscheider. In seiner Zeit als Geschäftsmann traf er seine Beschlüsse oft am Handy und war dort auch fast immer erreichbar.
Trudeau rief Trump auf Handy an
Doch was im Geschäftsleben und im Privaten ganz normal ist, ist an der Spitze der US-Regierung schwierig. Telefonate zwischen Staats- und Regierungschefs sind streng durchgeplant, Gesprächspunkte und Informationen über den jeweiligen Gesprächspartner werden vorbereitet. Der US-Präsident telefoniert üblicherweise von einer der sicheren Telefonleitungen, die ihm zur Verfügung stehen, etwa aus dem Oval Office, dem Situation Room im Weißen Haus oder der Präsidentenlimousine.
Wie die Nachrichtenagentur AP aus Regierungskreisen erfuhr, gab er seine direkte Handynummer bisher mindestens an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den kanadischen Premier Justin Trudeau und den mexikanischen Staatschef Enrique Peña Nieto weiter. Bisher rief demnach nur Trudeau darauf an. Im Elysée-Palast in Paris wollte man nicht kommentieren, ob auch Macron die Nummer verwenden würde.
«Wer es kann, wird diese Gespräche überwachen»
«Wenn Sie Macron wären oder der Staatschef eines anderen Landes und die Nummer des Präsidenten der Vereinigten Staaten bekämen, dann ist es realistisch anzunehmen, dass Sie sie gleich an ihre Geheimdienste weiterreichen», sagte die Jura-Professorin und ehemalige Beraterin im US-Außenministerium, Ashley Deeks.
Auch Derek Chollet, der früher im Pentagon und im Nationalen Sicherheitsrat im Weißen Haus tätig war, wies darauf hin, dass Trump zwar ein Regierungshandy habe, aber dass dieses nicht abhörsicher sei. «Wenn es eine offene Leitung ist, dann ist es eine offene Leitung. Das bedeutet, dass jene, die die Fähigkeit haben, diese Gespräche zu überwachen, das auch tun», sagte Chollet.
Seit Watergate müssen alle Unterlagen aufbewahrt werden
Das musste auch Bundeskanzlerin Angela Merkel 2013 erfahren, als Whistleblower Edward Snowden US-Geheimdienstinformationen öffentlich machte. Dadurch wurde bekannt, dass die US-Regierung ihr Handy abgehört hatte.
Neben der Sicherheit stellt sich aber auch eine weitere Frage, nämlich wie Trumps Handytelefonate dokumentiert werden. Ein Gesetz von 1981, eine Reaktion auf den Watergate-Skandal um Präsident Richard Nixon, hält fest, dass der US-Präsident und sein Stab alle Unterlagen mit Bezug zu seinem Amt aufbewahren müssen. Es gebe aber einige blinde Flecken in dem Gesetz, unter anderem eben in Bezug auf direkte Handygespräche, sagt Jonathan Turley, Experte für nationale Sicherheit an der juristischen Fakultät der George Washington University.
Trump kritisierte Hillary Clinton für ähnliche Praxis
Dazu, ob Trumps Handygespräche dokumentiert werden, wollte sich das Weiße Haus auf Anfrage der AP nicht äußern. Üblicherweise werden Abschriften der offiziellen Telefonate des US-Präsidenten erstellt. Diese gehen dann an einen engen, aber manchmal auch an einen weiter gefassten Beraterkreis und werden archiviert. Doch mehrfach gerieten sie – vermutlich durch undichte Stellen im Weißen Haus – auch an die Öffentlichkeit, wie etwa Trumps bissiges Telefonat mit dem australischen Premier Malcolm Turnbull oder seine Äußerungen gegenüber Peña Nieto.
Die Verwendung seines Handys für möglicherweise hochvertrauliche Gespräche mit anderen Staatschefs rückt auch Trumps Verhalten in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton in ein schiefes Licht. Er hatte sie gemeinsam mit anderen Republikanern im Wahlkampf scharf dafür kritisiert, dass sie in ihrer Zeit als Außenministerin dienstliche E-Mails über einen privaten Server laufen ließ. Damit habe sie Regierungsgeheimnisse nicht nur für ausländische Spione angreifbar gemacht, sondern hätte auch Mails verschwinden lassen können, weil diese nicht wie auf Regierungsservern zwingend archiviert werden, empörten sich damals die Republikaner.
(L'essentiel/AP)