Papst vs. Titanic – «Wir haben den Papst eingeladen»

Publiziert

Papst vs. Titanic«Wir haben den Papst eingeladen»

Die gute Nachricht: Benedikt XVI. liest «Titanic». Die schlechte: Er mag die Zeitschrift nicht. Chefredakteur Fischer über Rechtsfälle vorm Jüngsten Gericht.

Herr Fischer, haben Sie sich den 5. Juli schon rot im Kalender angestrichen?
Leo Fischer: Bisher noch nicht. Warum sollte ich?

An diesem Tag schickte der Vatikan ein Fax an ein Bonner Anwaltsbüro, um Sie in die Knie zu zwingen. Das Gute daran: Sie wissen seither, dass der Papst «Titanic»-Leser ist.
Genau weiß ich das erst seit dem 9. Juli. Da haben wir abends den Fax aus dem Drucker gezogen.

Wie haben Sie darauf reagiert? Haben Sie gefeiert?
Wir haben es ja zuerst gar nicht glauben können. Es ist ja immer wieder so, dass sich Leser einen Scherz mit uns erlauben. Sie glauben «Titanic» vorführen zu können, weil wir das selber ja auch oft tun. Wir haben das prüfen lassen, bei der deutschen Bischofskonferenz und auch bei dieser Kanzlei angerufen. Sie haben das bestätigt. Er meint das ernst: Der Papst verklagt «Titanic».

Wie ist der Papst wohl auf den Titel aufmerksam geworden? Ist er vielleicht Abonnent?
Unsere Abonnentenkartei ist heilig, darüber darf ich nicht reden. Aber ich bin mir relativ sicher, dass er von der Existenz von «Titanic» weiß. Er hat ja kundige Medienberater. Seit neuestem zählt ja auch Greg Burke dazu, der früher beim US-Sender Fox gearbeitet hat. Vielleicht ist das Ganze eine direkte Auswirkung dieses neuen Engagements.

Glauben Sie, dass Benedikt das Heft vielleicht einem Messdiener weggenommen haben könnte?
Mir ist ja noch nicht einmal bekannt, ob er es persönlich gelesen hat. Vielleicht ist das ja auch nur eine weitere Intrige eines bösartigen Kardinals.

Können Sie nach dem päpstlichen Bannstrahl noch ruhig schlafen?
Ich bin Katholik und leide schon sehr darunter, von meinem geistlichen Oberhaupt so missverstanden worden zu sein. Das Heft ist jetzt verboten, das Verbot kann aber auch aufgehoben werden. Ich hoffe, dass wir noch zu einer gütlichen Einigung kommen. Wir haben den Papst in die Redaktion nach Frankfurt eingeladen, um mit uns einen Kaffee zu trinken. Oder ein Glas Limonade. Ich hoffe, dass sich der Papst auf christliche Werte wie Vergebung und Nächstenliebe zurückbesinnt.

Beim Titelbild habe der Papst Pipi und «Fanta» verwechselt, sagen Sie. Was ist mit dem Braunen auf der Rückseite des Magazins: Ist das etwa kein heiliger Stuhl?
Das sind ja Agenturbilder! Wir haben sie nicht manipuliert. Ich vermute, dass es Schokolade ist von einer Torte, auf die er sich gesetzt hat. Im Überschwang der Emotionen kann das passieren. Das macht den Papst menschlich.

Wie geht der Kirchenstreit weiter? Stimmt es, dass sie 95 Hefte an die Schlosskirche zu Rom schlagen wollen?
Nein, ich bin Katholik! Wir hoffen auf die Aussöhnung, ansonsten müssen wir den Rechtsweg bestreiten. Wir haben in Deutschland gute Gesetze, was das angeht. «Titanic» hat schon viele Grundsatzurteile für die Satirefreiheit erstritten. Wir sind willens und fähig, bis zum Jüngsten Gericht zu ziehen.

Mal beleidigen Sie den Vertreter des katholischen Gottes auf Erden, mal islamische Propheten. Wer schreibt mehr wütende Leserbriefe?
Wir behandeln ja alle Religionen gleich. Auch Muslime und Juden haben schon ihr Fett wegbekommen. Die Muslime äußern sich traditionell überhaupt nicht. Ich glaube, sie zählen auch nicht zu unserer engsten Leserschaft. Tatsächlich regen sich die Katholiken am meisten auf und schlagen am wütendsten zurück.

Und die Protestanten? Die tragen ihre Anti-Haltung quasi ja schon im Namen!
Richtig. Sie werden dann noch nachdenklicher, noch trübsinniger und machen sich noch mehr Selbstvorwürfe.

Sie könnten Ihre Anwaltskosten halbieren, wenn Sie alle Religionen in einem Aufwasch abhandelten.
Das haben wir auf dem Höhepunkt des Streits um die so genannten Mohammed-Karikaturen schon getan. Wir haben die Sonderausgabe «Religionen im Vergleich» gemacht, bei der wir vier männliche Glieder auf dem Titel abgebildet haben. Sie stehen in absteigender Reihenfolge Christentum, Judentum, Buddhismus und Islam. Damit ist für uns das Thema einstweilen abgeschlossen, wir kümmern uns jetzt wieder um Aktuelles.

(P. Dahm/L'essentiel Online)

Deine Meinung