Undichte Tanks in Fukushima – «Wir haben schludrig gearbeitet»

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Undichte Tanks in Fukushima«Wir haben schludrig gearbeitet»

Tausende Kubikmeter radioaktiv verstrahltes Wasser aus der Atomruine bei Fukushima haben sich bereits ins Meer ergossen. Jetzt gibt die Betreibergesellschaft Tepco Fehler zu.

Japans Handels- und Industrieminister Toshimitsu Motegi inspiziert Ende August die undichten Wassertanks am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima. (Bild: Keystone)

Japans Handels- und Industrieminister Toshimitsu Motegi inspiziert Ende August die undichten Wassertanks am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima. (Bild: Keystone)

Yoshitatsu Uechi ist nicht überrascht, dass in den letzten Wochen Tausende Kubikmeter radioaktiv verstrahltes Wasser aus undichten Tanks am havarierten Atomkraftwerk bei Fukushima ins Meer geflossen sind. Der gelernte Automechaniker und Busfahrer hatte selbst Hand angelegt beim Zusammenschweissen der Wassertanks. Sechs Monate war er mit einem Team daran, Behälter für die wachsende Menge kontaminierten Wassers zu bauen, das immer noch aus der Atomruine austritt.

«Ich muss klar sagen, dass wir schludrig gearbeitet haben. Wahrscheinlich lecken die Tanks deshalb schon jetzt», sagt der 48-Jährige gegenüber dem deutschen Nachrichtensender N24. «Jedes Mal, wenn hier die Erde ein bisschen bebt, bricht mir der Schweiß aus.» Weil alles sehr schnell gehen musste, hätten es die Arbeiter schleifen lassen. Der Rostschutz etwa wurde nicht wie vorgeschrieben unter trockenen Bedingungen, sondern bei Regen und Schneefall auf die Nieten und Schweißnähte aufgebracht. Manche Tanks seien befüllt worden, bevor sie fertig waren. Auch die Betreibergesellschaft Tepco gibt indirekt Fehler zu: «Wir hatten einen Notstand und mussten so viele Tanks wie möglich bauen. Deren Qualität ist entsprechend gering», sagt Teruaki Kobayashi von Tepco.

1000 Tanks mit hoch kontaminiertem Wasser

Die Lage in Fukushima bleibt derweil katastrophal. Nach dem Erdbeben und dem Tsunami im März 2011 bei dem drei von vier Reaktoren durchgeschmolzen waren, schätzen Experten, dass etwa das Dreifache der in Tschernobyl freigesetzten Menge von Radioaktivität ausgewaschen worden sei. In Kellergebäuden, in unbehandelten Schlämmen und Filtern befänden sich über 400’000 Kubikmeter kontaminiertes Wassers. Dies zu entsorgen, sei eine «nie dagewesene Herausforderung», sagt der Energie- und Atomexperte Mycle Schneider. «Ich verspreche Ihnen, dass das Thema zukünftig für Kopfzerbrechen sorgen wird.»

Derzeit stehen auf dem Gelände des Kraftwerks etwa 1000 Tanks mit hoch kontaminiertem Wasser. Mehr als ein Drittel davon sind Leichtbau-Container mit Gummidichtungen, die von Bolzen zusammengehalten werden. Sie waren von vornherein nur als Provisorium gedacht. Die anderen zwei Drittel sind robuster gebaut. «Das schlimmste Szenario wäre, wenn wir keine Lagerkapazität mehr hätten», sagt Tepco-Präsident Haomi Hirose N24. Deshalb konzentriert sich das Energieversorgungsunternehmen vor allem darauf, die Gesamtkapazität des Wasserlagers bis im März 2016 auf 800'000 Kubikmeter zu erhöhen. Auch die Gummidichtungen der Tanks sollen ersetzt werden.

Es dauert noch Jahre, bis ein anderes System installiert werden kann

Dass die Wartung der Wassertanks schnell vorangetrieben werden muss, zeigt der Umstand, dass diese wohl noch für eine längere Zeit gebraucht werden. Denn noch immer wird Wasser benötigt, um die geschmolzenen Kerne der zerstörten Reaktoren zu kühlen. Es wird wohl noch Jahre dauern, bis ein luftgekühltes System installiert werden kann, das den sicheren Rückbau des Kraftwerks erlaubt. Atomkraftwerksexperte Toyoshi Fuketa warnt indes: « Wir sollten davon ausgehen, dass die Tanks früher oder später undicht werden.»

Im August schaute die Welt auf Fukushima, als sich ein Drittel des Inhalts eines 1000-Kubikmeter-Tanks in den Pazifik ergoss. Einen Monat zuvor musste Tepco zugeben, dass auch grössere Mengen kontaminierten Grundwassers ins Meer geflossen seien.

(L'essentiel Online/bee)

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