Luxemburger in Mumbai«Wir hörten die Explosion, Rauch stieg auf»
LUXEMBURG/MUMBAI - Professor Alfred Steinherr und 18 Teilnehmer der Sacred Heart University Luxemburg waren während der Anschläge am Mittwoch in Mumbai. Ein Interview.

Gemeinsam mit 18 Teilnehmer seines MBA-Studiengangs der Sacred Heart University in Luxemburg weilt der Uni-Professor Alfred Steinherr derzeit auf Exkursion in Mumbai. Die Gruppe kam bei den Anschlägen mit dem Schrecken davon.
«L’essentiel Online»: Wie haben Sie die Explosionen erlebt?
Alfred Steinherr: Einige Teilnehmer und auch ich waren in einem Einkaufszentrum rund 200 Meter von einem der Attentatsorte entfernt. Wir haben die Explosion gehört, Rauch stieg auf. Wir wussten bereits fünf Minuten später, dass es sich um einen Anschlag gehandelt haben muss. Die Nachricht hat sich in Windeseile verbreitet. Draußen waren Sirenen zu hören. Viele Leute sind herbeigeströmt, um zu sehen, was passiert ist, aber die Polizei hat sofort alles abgesperrt und die Menschenmassen gestoppt.
Wie haben die Menschen um Sie herum reagiert?
Es war erstaunlich. Die Leute nahmen es gelassen hin. Anschläge kommen hier immer wieder vor und die Unfallrate in Indien ist hoch, z.B. durch Eisenbahnunglücke oder Hungersnöte. Ein Menschenleben hat hier nicht den gleichen Wert wie bei uns. Die Reaktion fanden wir allerdings dennoch überraschend. Unsere Teilnehmer waren beunruhigter als die Inder selbst. Einige waren fast in Panik, hatten Angst. Wir sind dann zurück ins Hotel gegangen.
Wie konnten Sie sich über die Attentate informieren?
Das Fernsehen hat sehr viel berichtet. Heute Morgen habe ich die Zeitung gelesen und es gab bestimmt zehn Seiten mit Informationen über die Explosionen. Der Innenminister, der Bürgermeister, der Polizeichef, sie alle sind zu Wort gekommen. Hier geht man davon aus, dass eine lokale Gruppe den Anschlag verübt hat.
Wie sieht es generell mit den Sicherheitsvorkehrungen aus?
Seit den Anschlägen von vor drei Jahren wird hier verstärkt kontrolliert. Als wir in Mumbai im Hotel einchecken wollten, wurden wir erst einmal untersucht und unser Gepäck wie am Flughafen durchleuchtet. Manche Teilnehmer haben sich gefragt, warum. Später bekamen sie die Antwort.
Haben die Anschläge Ihre weiteren Pläne in Mumbai geändert?
Kein Inder ist heute zuhause geblieben wegen der Anschläge. Und auch wir haben heute wie vorgesehen eine indische Firma besucht. Die Wahrscheinlichkeit, hier bei diesem irrsinnigen Verkehr in einen Autounfall zu geraten, ist höher, als von einer Bombe getroffen zu werden.
Kerstin Smirr (mit sb)/L'essentiel Online
Keine heiße Spur
Nach der verheerenden Bombenserie in der indischen Finanzmetropole Mumbai haben Regierung und Polizei noch keine Spur von den Attentätern oder deren Hintermännern. «Alle (terroristischen) Gruppen, die fähig sind, einen solchen Anschlag zu verüben, stehen unter Verdacht», sagte Innenminister Palaniappan Chidambaram am Donnerstag. Man ermittle in sämtliche Richtungen.
Die Behörden korrigierten am Donnerstag die Zahl der Todesopfer nach unten. Wie Chidambaram mitteilte, starben nach jüngsten Erkenntnissen mindestens 17 Menschen, als am Mittwoch in drei Wohn- und Geschäftsvierteln Sprengsätze explodierten. Den Angaben zufolge wurden 131 weitere Menschen verletzt, 23 davon schwer. (dpa)