Dating-FunktionWird Facebook zum neuen Tinder?
Dank neuer Flirt-Funktion will Facebook im Online-Dating-Geschäft mitmischen. Welche Daten dafür gebraucht werden und was das für Tinder und Co. bedeutet, verraten wir euch.

Mark Zuckerberg, Vorstandsvorsitzender von Facebook, spricht auf der Facebook-Entwicklungskonferenz F8.
An der jährlichen Entwicklerkonferenz von Facebook, der F8 in San José, hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg einige neue Features vorgestellt. Am meisten Aufsehen erregte dabei die Partnersuche, kurz «Dating» genannt. Der Konzern möchte darauf aufbauen, dass sich viele Paare angeblich auf Facebook kennen gelernt hätten.
Die Funktion soll in die App integriert sein und es interessierten Nutzern erlauben, neben dem regulären Facebook-Profil ein zusätzliches Dating-Profil anzulegen. Ob das Unternehmen dabei auf das enorme Wissen über seine Nutzer zurückgreifen wird, um geeignete Partner-Vorschläge zu machen, verriet Zuckerberg nicht. Bekannt ist bisher nur, dass das, was im Dating-Profil geschieht, auch dort bleiben soll. Weder sehen die bestehenden Facebook-Freunde, was im Dating-Bereich vor sich geht, noch tauchen sie als potenzielle Matches auf. Sogar über einen separaten Messenger soll das neue Feature verfügen.
Dem Datenskandal zum Trotz
Wird «Dating» zur ernst zu nehmenden Konkurrenz für etablierte Singlebörsen wie Tinder, Parship, C-Date, Badoo oder Lovoo.net ?
An der Börse hat die Ankündigung der Flirt-Funktion bereits Wirkung gezeigt: Die Aktie der Match Group, der Mutterfirma der Dating-App Tinder, hat nach der Entwicklerkonferenz F8 mehr als einen Fünftel ihres Werts verloren. Zumindest die Anleger trauen Facebook offenbar zu, den Online-Dating-Markt aufzumischen.
«Es wird auf jeden Fall funktionieren»
Zu Recht. Denn Facebook hat laut Online-Dating-Experte Daniel Baltzer alles, was eine erfolgreiche Dating-Plattform braucht: Eine große Anzahl an Nutzern, eine Ausgewogenheit an männlichen und weiblichen Usern sowie viele Informationen über diese. «Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Großkonzern dies zu seinen eigenen Gunsten nutzt. Funktionieren wird es auf jeden Fall», meint Baltzer.
«Viele Dating-Apps bieten bereits die Möglichkeit, dass man sich dort mit seinem Facebook-Profil anmelden kann. Jetzt wird Facebook sein Angebot um Dating erweitern und es geht in ein und derselben App.» Für Baltzer steht somit außer Frage, dass die App gut ankommen wird.
Alex Zimmermann, Gründer der inzwischen eingestellten Dating-App Blinq, fügt hinzu: «Mithilfe der enorm vielen Infos, die Facebook über seine Nutzer hat, wird es vielleicht zu noch besseren Matches kommen als bei den bisherigen Dating-Apps.»
Dem Datenschutz zuliebe
An der F8 hat Zuckerberg erneut beteuert, wie wichtig ihm der Datenschutz sei, auch hinsichtlich der Entwicklung der Dating-Funktion. Facebook steht zurzeit enorm unter Druck. Der Grund ist der massive Datenskandal um Cambridge Analytica. Etliche Nutzer haben ihre Facebook-Profile gelöscht, das Vertrauen in die Plattform ist geschrumpft, der Börsenkurs gefallen.
So hat Zuckerberg neben «Dating» auch eine Funktion zum Schutz der eigenen Daten vorgestellt. Via «Clear History» kann man in Zukunft Informationen zu besuchten Websites oder angeklickten Links löschen, ähnlich wie bei Webbrowsern.
Allerdings würden die erhöhten Datenschutzrichtlinien nur für Facebook-Nutzer gelten, gibt Marc Al-Hames, Geschäftsführer des Browser-Herstellers Cliqz, zu bedenken: «Aber auch das Web-Verhalten von Menschen ohne Facebook-Nutzerkonto wird durch Facebook erfasst und in Schattenprofilen gespeichert.» Schattenprofile sind Datensätze zum Web-Verhalten von scheinbar anonymen Internetnutzern. Und für diese gilt die neu vorgestellte Löschfunktion nicht.
(L'essentiel/vhu)