Parasitärer ZwillingZehn-Zentimeter-Fötus im Gehirn von Einjähriger entdeckt
In China haben Mediziner im Gehirn eines kleinen Mädchens eine Art parasitären Zwilling gefunden. Es handelt sich dabei um ein sehr seltenes medizinisches Phänomen. Weltweit sind weniger als 200 derartige Fälle bekannt.
- von
- Fee Anabelle Riebeling
Ein größerer Kopf als normal und motorische Schwierigkeiten bei ihrer einjährigen Tochter ließen Eltern in China ins Krankenhaus gehen. CT-Scans zeigten, was die Auffälligkeiten ausgelöst hatte: Im Gehirn des Mädchens verbarg sich sein ungeborener Zwilling, wie das Team um den Neurochirurgen Zongze Li vom Huashan-Spital in Shanghai im Fachjournal «Neurology» schreibt.
Das Mädchen erhielt die Diagnose Fetus-in-fetu-Syndrom (FIF), auch Fetale Inklusion genannt. Dabei handelt es sich um eine sehr seltene Entwicklungsstörung, die bei Mehrlingsschwangerschaften auftreten kann (siehe Box). Weltweit sind weniger als 200 derartige Fälle bekannt. In nur 18 Fällen wurde der ungeborene Zwilling im Gehirn entdeckt, deutlich häufiger befindet er sich im Bauchraum.
So kommt es zum FIF
Operation geglückt, Ausgang offen
Zongze Li und seine Kolleginnen und Kollegen entfernten den Fötus erfolgreich aus dem Gehirn des Mädchens, um den Druck darauf zu reduzieren. Ob die Einjährige Schäden davon trägt, sei ungewiss. Der entfernte Zwilling sei bereits rund zehn Zentimeter groß gewesen und habe obere Gliedmaßen, Knochen und sogar Fingernägel ausgebildet (siehe Bildstrecke). Das deute darauf hin, dass er im Gehirn des Mädchens noch eine Weile weitergewachsen ist. Möglicherweise sogar noch nach der Geburt, weil es sich die Blutversorgung mit seinem Geschwisterchen teilte, wie chinesische Medien berichten.
Erst Ende letzten Jahres wurde ein FIF-Fall aus Indien bekannt, bei dem Medizinerinnen und Mediziner im Bauch eines 21 Tage alten Mädchens acht Föten entdeckten – so viel wie wohl noch nie zuvor. Im Jahr 2021 ist in Israel ein Mädchen zur Welt gekommen, das einen toten Fötus in sich trug. Anders als bei der kleinen Inderin, bei der die Diagnose erst nach der Geburt fiel, konnten sich bei ihr Medizinerinnen und Mediziner schon darauf einstellen: Sie hatten den Fötus zu einem späteren Zeitpunkt in der Schwangerschaft erkannt und die Entfernung des «Zwillings» direkt nach der Geburt geplant. Es war das erste Mal, dass die Diagnose pränatal gestellt wurde.
Zuletzt in einem Gehirn entdeckt, wurden Föten im Jahr 2017 bei einem kleinen Mädchen in Thailand. Damals fanden Ärztinnen und Ärzte gleich drei parasitäre Zwillinge. Jedes von ihnen habe «mehrere gut entwickelte Organe» gehabt, darunter ein Nerven-, Verdauungs- und Atmungssystem, wie Heute.at schreibt. Besonders war auch der Fund eines ungeborenen Fötus im Hodensack seines männlichen Zwillings. Aufgefallen war dies aufgrund der plötzlichen Schwellung des betroffenen Geschlechtsorgans.